Computer, Internet, Handy & Co – aber sicher!

Der sichere Umgang mit Computer, Internet und Handy waren Themen eines Informationsabends, zu dem die Martin-Luther-Schule Marburg Eltern der Eingangsstufen am Montagabend in die neue Cafeteria der Schule eingeladen hatte. Rund 100 Gäste waren dieser Einladung gefolgt und sollten ihr Kommen sicher nicht bereut haben. Tim Trepte, Medienpädagoge und Lehrer an der Freien Waldorfschule Marburg, war Referent des Abends und nahm dabei kein Blatt vor den Mund. Er machte deutlich, dass er von pauschaler Medienschelte nichts halte. Sein Ziel war es, mit seiner provokanten, direkten Konfrontation die Zuhörer vor allem wachzurütteln. „Internet, Handys und Videospiele – das alles ist nicht von Grund auf schädlich. Es muss allerdings, wie alles im Leben, in Maßen und bewusst genutzt werden“, so sein Appell an die Eltern.

Sichtlich nachdenklich verließen dann auch nach Schluss der Veranstaltung viele Besucher den Vortrag, nachdem ihnen Trepte in rund zwei Stunden Gefahren wie jugendge­fährdende Inhalte, Computersucht oder Online-Mobbing aufgezeigt und sie auch darüber informiert hatte, wie sie diese bei den eigenen Kindern erkennen und dagegen vorgehen können.

Der Medienexperte verwies zunächst in seinem Vortrag darauf, dass zwar rund 80 Prozent der Eltern glauben, ih­re Kinder hätten keine Probleme mit dem Internet. Aller­dings würden auch 80 Prozent der Jugendlichen sagen: „Mei­ne Eltern haben keine Ahnung, was ich am Computer mache.“ Genau hier liege aber die Gefahr. Immer mehr Kinder und Ju­gendliche hätten internetfähi­ge Computer und Handys und würden im­mer mehr Zeit davor verbrin­gen: „Viele Eltern sind bei der Generation Kassettenrekorder hängen geblieben und werden von der Generation Online ab­gehängt.“ Der Fehler, zu denken, dass Jugendliche – ganz zu schweigen von Kindern – in der Lage sind, selbstverantwortlich entscheiden zu können, was ihnen im Internet gut tut und was nicht oder wo Gefahren lauern, sei leider weit verbreitet. Eltern müssten sich eher fragen, ob sie beispielsweise wüssten, was sich alles auf Computern oder Handys ihrer Kinder be­findet und welche Internet­kontakte der Nachwuchs habe. Porno­grafie oder Tötungsvideos sei­en vielen Jugendlichen be­kannt, jugendgefährdende Inhalte seien selbst für Kinder schon leicht zugänglich. Er gehe davon aus, so Trepte, dass praktisch alle 15-Jährigen be­reits Pornos angeschaut hät­ten. „Reden Sie daher mit Ihren Kindern darüber und machen Sie ihnen klar, dass das nichts mit dem realen Leben zu tun hat“, empfahl der Pädagoge.

Auch auf den Zusammenhang von Computernutzung und nachlassenden schulischen Leistungen ging der Medienexperte ausführlich ein: Dass Jungen in der Schule immer mehr Probleme hätten, liege zum Großteil auch an Computerspielen. Durch­schnittlich 141 Minuten täglich sitze ein 15-Jähriger vor dem Bildschirm. Es bestehe ein gro­ßer Suchtfaktor. Eindringlich warnte er in diesem Zusammenhang davor, einen Bildschirm, egal ob Fernsehen oder PC-Monitor, im Kinder- oder Jugendzimmer zu erlauben. „Wer das zulässt, darf sich über nachlassende Schulleistungen auf Dauer nicht wundern“, warnte Trepte und verwies auf zahlreiche Studien, die in diesem Zusammenhang einen Verfall von Antrieb, Erinnerungsvermögen und Lernwilligkeit eindeutig nachwiesen. Mädchen hingegen seien eher durch Internet­kontakte gefährdet. Wer hinter einem Namen stehe, wisse man im anonymen Netz nie. Ein persönliches Treffen mit Bekannten aus dem Internet könne im schlimmsten Fall dann wirklich gefährlich sein. Schließlich hätten 80 Prozent der Jugendlichen schon negative Erfahrungen im Internet gemacht, sagte der Experte: Etwa die Hälfte sei nach persönlichen Daten ge­fragt worden und 38 Prozent seien sexuell angesprochen worden.

Auch auf das wachsende Problem des Online-Mobbings ging Trepte näher ein. „Tatwerkzeug“ hier seien oft moderne Handys, die für solche Zwecke oder zum Filmen von Gewaltszenen kurzerhand zweckentfremdet würden. Wenn die Bilder anschließend ins Internet gestellt würden, werde oft der Persönlichkeits­schutz verletzt und somit eine strafbare Handlung begangen. Aber auch freiwillig ins Netz gestellte Informationen könn­ten gegen eine Person verwen­det werden. Auf Kommunikati­onsplattformen wie Schüler-VZ oder Facebook müsse das Profil immer ge­schützt sein, mahnte Trepte dringend an. Und selbst Freunde müssten nicht immer Freunde bleiben, peinliche Fotos könn­ten, wenn sie einmal im Netz kopiert worden seien, nie wie­der herausgenommen werden. „Es ist immer noch leichter ein Tatoo zu entfernen als Inhalte aus dem Netz“, warnte der Experte.

Zur weiteren Information empfahl der Referent die Homepage www.medien-sicher.de des Staatlichen Schulamts Wiesbaden und machte im abschließenden Gespräch deutlich, dass die Schule im Unterricht zwar aufklären könne, dass der Hauptteil der Verantwortung aber bei den Eltern liege. „Elternaufklä­rung hat die allerhöchste Priorität.“ Sie seien es schließlich, die über die Ausstattung mit neuen Medien entscheiden würden. Und schließ­lich stehe der Computer zuhau­se, jugendgefährdende In­halte würden dort angeschaut. Eltern seien auch für die Zeit, die ihre Kinder mit neuen Medien verbringen, verantwortlich. Dennoch sollten Schule und Elternhaus partnerschaftlich die Medienkompetenz der Kinder und Jugendlichen entwickeln und stärken.

Michael Fink, 15.11.2011

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