Tänzerisches Erdbeben in der Waggonhalle begeistert
Treme Terra aus Sao Paulo zeigte Tanzperformance: Terreiro Urbano
Brasilianische KünstlerInnen wohnten eine Woche in Gastfamilien der Martin-Luther-Schule
In einem fulminanten Mix aus Percussion und Tanz, traditioneller und moderner Musik brachten am Donnerstagabend (3.10.2013) acht junge BrasilianerInnen aus Sao Paulo die Waggonhalle zum Beben. Ihr Stück „Terreiro Urbano“(„Urbanes Gebiet“) ist eine Hommage an die Orishas, afrikanische Gottheiten, welche die Wurzeln der afro-brasilianischen Kultur verkörpern. Jede und jeder Orisha steht für ein Naturelement oder ein Grundprinzip, wie z.B. das Feuer das süße oder das salzige Wasser, den Kampf oder die Heilung. Auf der Bühne wurden sie mit beeindruckender Präsenz und Dynamik von Ana Landim Guimaraes (17), Ligia Nicacio Santos (26), Tainà Mendes de Souza (17) und Bruna Maria dos Santos (22) verkörpert. Ana und Tainà gehen noch zur Schule, Bruna studiert Tanz und Ligia kennt Deutschland bereits von einem entwicklungspolitischen Austausch. Sie spricht sehr gut Deutsch und Englisch und moderierte charmant das anschließende Gespräch mit dem Publikum.
Szenenfoto aus Terreiro Urbano. Tanzworkshop in Morro Do Querosene, (Fotos: Büro für Kultur- und Medienprojekte, HH) einem Stadtteil von Sao Paulo
Die vier Tänzerinnen wurden auf traditionellen brasilianischen und afrikanischen, modernen (Congas, Schlagzeug, Percussion), elektronischen (PC) und experimentellen (leere Gasflaschen) Instrumenten begleitet von Adonai Agni Assis (28), Hércules Laino de Oliveira (22), Juliana Lucia de Carvalho (19), deren markante Stimme die in afrikanischen Sprachen vorgetragenen Gesangsteile trägt, und Joao Victor Pellegrini do Nascimento (30), dem Gründer und künstlerischen Leiter der Gruppe. Das Ziel von Treme Terra ist es, der afro-brasilianischen Kultur und der Kultur der Indigenas mehr Anerkennung und Freiraum zu verschaffen, denn diese Bevölkerungsgruppen stehen in der sozialen Hierarchie Brasiliens immer noch weit unten. Deshalb bieten sie Musik- und Tanzworkshops für die Kinder und Jugendlichen ihres Stadtteils von Sao Paulo an.
Die zweimonatige Tournee von Treme Terra (dt.: „Bebende Erde“) findet im Rahmen der 14. Kinderkulturkarawane statt und führt sie in 2 Monaten durch zahlreiche deutsche Städte – bis nach Bulgarien, wo sie in Plovdiv auftreten. In Marburg wohnten die jungen KünstlerInnen eine Woche in Gastfamilien der Martin-Luther-Schule. Eine AG aus SchülerInnen und StudentInnen organisierte die Auftritte und ein Freizeitprogramm für die Gruppe, bei dem diese die Stadt kennen lernte, was offensichtlich bleibenden Eindruck hinterließ: „Marburg ist so eine romantische Stadt, ich möchte am liebsten für meine Flitterwochen wieder hierherkommen!“ schwärmte Adonai beim Empfang durch Oberbürgermeister Vaupel im Marburger Weltladen.
Beeindruckt zeigte sich Treme Terra aber auch von der Diskussion mit den MLS-SchülerInnen der Eingangsphase (10. Jahrgangsstufe), in welcher der Besuch der „Kikuka“ seit 10 Jahren zum Politik- und Wirtschaftsunterricht gehört: „So eine tiefgehende Diskussion über die soziale Realität in Brasilien haben wir auf der Tour noch nicht erlebt!“, meinte Ligia anerkennend. Nähere Informationen zu Treme Terra und zur Kinderkulturkaawane gibt es unter www.kinderkulturkarawane.de. Unter kikukamarburg@googlemail.com kann man Kontakt zur Marburger Kikuka-AG aufnehmen.
Till Koerner
Foto: Leonard Grölz
Treme Terra aus Sao Paulo und die Marburger Kikuka-AG bei der Stadtführung.