Schüler lesen die OP – Warum eigentlich?

Eine Reportage von Anton Wege und Moritz Böhm (9c, MLS, Politik und Wirtschaft, Schröder)

Das Projekt an sich                                         

Zum 36. Mal fand dieses Jahr das Projekt „Schüler lesen die OP“ an vielen Schulen in Marburg-Biedenkopf statt. Dabei wurden den Schüler*innen über den Zeitraum vom 8. Februar bis zum 8. April Ausgaben der Oberhessischen Presse zur Verfügung gestellt, mit denen sie Unterrichtsstoff erarbeiten oder einfach mit ihnen in Berührung kommen und Erfahrungen machen konnten. Diese Möglichkeit ist für die Schulen völlig kostenfrei und wird von der Deutschen Post DHL Group und der Deutschen Vermögensberatung AG finanziert. An der Martin-Luther-Schule in Marburg nahmen die Klassen 8a, 8c, 9c und 10e an diesem Projekt teil und haben zum Abschluss eigene Artikel geschrieben oder Clips erstellt, in denen sie journalistisch über ein Thema ihrer Wahl informierten. Es gab Berichte über den Klimawandel, die Renovierung der Elisabethkirche, Heroin, Missstände in der Pflege und grüne Energie, Reportagen über iPads in der Schule, das Medienverhalten Jugendlicher und Alkohol, Artikel über das Ahrtal und Nordstream 2, selbstgestaltete Titelseiten zum Thema Inflation und Onlinehandel bis hin zu einem Satirevideoclip über Gießen, um nur einige wenige zu nennen. Dadurch kam man nach den Wochen des Lesens auch einmal dazu, etwas zu schreiben und sich in journalistischer Arbeit zu erproben. Die Resultate der Lernenden werden schließlich alle auf www.op-marburg.de/schueler veröffentlicht, manche davon werden sogar in die reguläre, gedruckte Ausgabe aufgenommen. Vor der CoViD-19-Pandemie wurden den Schulklassen zusätzlich Ausflüge in die Druckerei, Redaktion etc. ermöglicht, diese gab es dieses und auch im letzten Jahr jedoch nur noch online oder mussten völlig ausfallen. Auch Redakteur*innen der OP besuchten die teilnehmenden Klassen per Videokonferenz, um den Jugendlichen Fragen zu beantworten. Das Unterrichtsmodell bestand darin, dass die Schüler*innen jeden Morgen die aktuelle Ausgabe der OP erhielten und die Aufgabe bekamen, mindestens einen Artikel genauer zu lesen und auf Nachrichtenfaktoren und Textarten (wie Reportage, Artikel, Bericht, Glosse oder Ähnliches) zu untersuchen.

Die 4. Gewalt                                                              

Einhergehend mit diesem Projekt wurden Medien auch im Unterricht bezüglich ihres Einflusses auf die Demokratie thematisiert, da sie sehr wichtig sind, um die Bevölkerung über relevante Themen zu informieren, so dass man sich darauf basierend eine eigene Meinung bilden kann. Jedoch ist es auch möglich, gezielte Desinformationen oder Propaganda zu verbreiten und so eine neutrale Ansicht auf die Ereignisse zu unterbinden. Deshalb ist auch die Presse-freiheit so wichtig (die in einigen Ländern nur bedingt oder gar nicht existiert), da nur so eine unabhängige Meinungsbildung gewähr-leistet werden kann.

Unterrichtsbesuche                                        

Teil des Projekts für die Klasse 9c der MLS war auch, dass der Deskchef der Oberhessischen Presse (Tobias Kunz) ihre Klasse via Internet besuchte und über seine Arbeit berichtete: Die OP beziehe ihre Nachrichten vom Redaktionswerk Deutschland, der Deutschen Presseagentur oder von Vereinen oder Privatpersonen, die sie bitten, zu einem bestimmten Thema einen Artikel zu schreiben. Den Schüler*innen waren aus dem Politik- und Wirtschaftsunterricht schon einige Nachrichtenfaktoren bekannt (Nähe, Betroffenheit, politische Relevanz, Negativität, Unterhaltung), jedoch betonte der Reporter, dass vor allem die Aktualität einer Meldung sehr wichtig sei, da man so am besten die Echtheit einer Nachricht garantieren könne: Man überprüft, wann und wo ein Bild entstanden ist bzw. von wo eine Nachricht stammt und wann sie erstellt wurde. So kann man diese möglicherweise als Falschmeldung enttarnen. Dies führte zu einem weiteren sehr wichtigen Thema im Arbeitsalltag eines Journalisten: Fake News. „Die OP bekommt vor allem über ihre Social-Media-Kanäle jeden Tag hunderte von Nachrichten, aus denen man dann die der Wahrheit entsprechenden herausfiltern muss“, so Kunz. Auch mit Hate Speech müssten sich die Redakteur*innen der OP auseinandersetzen. „Das meiste geschieht im Internet, da viele Leute denken, es ist ein straffreier Raum, was aber nicht stimmt“, meinte der Reporter. Nur die Nachverfolgung der betreffenden Accounts gestalte sich meistens als schwierig. Tatsächliche Bedrohungen bekämen die Redakteur*innen, Kunz zufolge, eher selten. Dieser Besuch ergänzte hervorragend, was die Schüler*innen der 9c zuvor im Unterricht erarbeitet hatten und gab ihnen die Möglichkeit, mehr über den Beruf des Journalisten zu erfahren und Fragen zu ihrem eigenen Projekt zu stellen oder Tipps für ihr weiteres Vorgehen einzuholen. 

Was sagen die Teilnehmenden dazu?                        

Die Schüler*innen waren hinsichtlich dieses Projekts geteilter Meinung. Sie fanden es einerseits sinnvoll, da man sich in der Ausarbeitung kreativ ausleben konnte und es eine gute Alternative zu einer langweiligen Klassenarbeit bot. „Man kann so mehr über Politik und den Beruf des Journalisten erfahren und es macht den Unterricht abwechslungsreicher und intuitiver“, so die Aussagen der Schüler*innen. Allerdings meinten sie auch, dass die Informationsbeschaffung auch anders möglich sei (z. B. durch Zeitungen, die man von zu Hause erhält oder soziale Medien). Des Weiteren hatten manche Teilnehmenden schlichtweg kein Interesse daran, was im Endeffekt nur zu einer Ressourcenverschwendung führte, da die Zeitungen dann kaum benutzt wurden. Aufgrund des mangelnden Interesses haben die Schüler*innen auch manchmal keine Motivation gefunden, die Zeitung zu lesen und zu analysieren. Dies war allerdings mitunter dem für das Projekt eingeteilten Zeitungs-dienst geschuldet, da auch die Zustellung der Zeitungen gelegentlich etwas unpünktlich war. Für die meisten Schüler*innen war dieses Projekt jedoch trotz der Komplikationen in der Ausführung sehr interessant, weil man so mehr über den Umgang mit Nachrichten oder den Aufbau einer Zeitung bzw. eines Zeitungsartikels lernen konnte. Sie würden es auch weiterempfehlen: „Man kann neues Interesse für Nachrichten wecken und sich besser über das Weltgeschehen informieren“. Auch ein Lehrer für Politik und Wirtschaft der MLS, der die Jugendlichen zum ersten Mal durch diese Phase begleitet hatte, teilte ihre Einschätzung. Er meinte, dass es eine wichtige Erweiterung des Unterrichts sei, da man so auch praktische Erfahrungen hinsichtlich Journalismus und Nachrichten machen könne, anstatt immer nur Informationen auswendig zu lernen: „Der Unterricht wird eher handlungs- und produktorientiert, [das Projekt soll so] den Schüler*innen realitätsnahen Unterricht bieten“. Jedoch war auch ihm bewusst, dass viele Zeitungen weggeschmissen werden würden, vor allem Samstagsausgaben, die die Schule nicht abbestellen könnte.

Fazit                                                  

Abschließend ist festzuhalten, dass das Projekt „Schüler lesen die OP“ ohne Zweifel viele Möglichkeiten des kreativen und realitätsnahen Unterrichts für die Schü-ler*innen bietet und eine vortreffliche Erweiterung für ihr Lernen darstellt. Allerdings treten noch ein paar Probleme auf, derer es für die Zukunft noch Lösungen bedarf, um einer Ressourcenverschwendung vorzu-beugen. Zum Beispiel könnte man im Voraus erfragen, wer schon Zeitungen zu Hause erhält oder wer mit einer E-Paper-Ausgabe arbeiten kann und dann die Menge der zu bestellenden Zeitungen dementsprechend anpassen.                                                    

Quellen: (1. Textabschnitt) https://m.op-marburg.de/amp/news/Marburg/Schueler-lesen-die-OP-2022-startet-im-Februar-durch; Privatinterviews

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