Interview von Kira Köhler (8c) mit Sanam Afrashteh vom 12.07.2024
Kira Köhler: Wie lange bzw. von wann bis wann waren Sie an der MLS?
Sanam Afrashteh: Ich bin 1983 in die Grundschule eingeschult worden und 1987 in die fünfte Klasse an der MLS gekommen.
Kira Köhler: Und wann haben Sie dann hier Ihren Abschluss gemacht?
Sanam Afrashteh: 1996, Abi ´96 waren wir.
Kira Köhler: Sind Ihnen denn Lehrer besonders in Erinnerung geblieben?
Sanam Afrashteh: Mir sind einige Lehrer in Erinnerung geblieben, mein erster Klassenlehrer war Herr Zuppelli. Dann hatte ich später einen Englischlehrer, den ich sehr mochte, das war Herr Plucinski, der sehr kreativen Englischunterricht gemacht hat, wo ich dann auch mal Theatermonologe spielen durfte. Und mit Frau Marckowetz waren wir damals in Paris auf Studienfahrt. Und schließlich gab es Herrn Tichy. Den hatte ich nicht als Lehrer in einem Unterrichtsfach, aber er hat damals die Theater-AG geleitet, in der ich mit 16 angefangen habe, Theater zu spielen. Deshalb erinnere ich mich an ihn natürlich auch noch sehr gut.
Kira Köhler: Das kann ich mir vorstellen. Was war denn ihr schönstes Erlebnis in der Schulzeit?
Sanam Afrashteh: Ich glaube, ein sehr schönes Erlebnis war tatsächlich diese Theateraufführung, die wir mit der Theater-AG gemacht haben. Das war das erste Mal, dass ich überhaupt mit der Theatergruppe auf der Bühne stand. Ich war 16 und erinnere mich noch an den Tag der Vorstellung und das war wirklich schön. Und ich mochte diesen „magical report“ sehr, so hat Herr Plucinski immer diese Art von Referaten genannt, in denen man eigentlich machen durfte, was man will. Bei ihm durfte ich einen Theatermonolog spielen, auf Englisch natürlich, das war echt schön. Und mein Abi war richtig toll, mit Abi meine ich aber nicht die Prüfungen, ich meine alles danach, die Abifeiern, die Partys, den Abschlussball. Daran erinnere ich mich noch wirklich gut.
Kira Köhler: Das kann ich mir wirklich gut vorstellen. Wie fanden Sie die MLS grundsätzlich?
Sanam Afrashteh: Ich hatte ja keinen Vergleich, aber ich kam eigentlich sehr gut klar in der Schule: Ich hatte immer das Gefühl, dass meine Eltern das für mich richtig entschieden hatten, nach der vierten Klasse. Ich hatte damals ja gar keine Ahnung, was es für Möglichkeiten gibt nach der Vierten, aber aus meiner damaligen Grundschule sind die meisten auf die MLS gegangen und dann haben meine Eltern mich eben auch dahin geschickt, auch damit ich mit meinen Freunden zusammenbleibe. Und ich bin eigentlich mehr oder weniger gut durch die Jahre gekommen. Ich hatte auf jeden Fall Schwachpunkte, ich war z.B. sehr schlecht in Chemie und sehr schlecht in Physik und auch nicht sehr toll in Mathe. Da habe ich schon auch gekämpft, aber ich hatte auch echt viel Freude an der Schule. Ich bin in die SV gegangen in der 10. Klasse und ich war stellvertretende Mittelstufen-Sprecherin, soweit ich mich erinnere. Mir hat die Schule im Großen und Ganzen echt Spaß gemacht.
Kira Köhler: Das freut mich. Wie waren sie in der Schule?
Sanam Afrashteh: Meinst du mit meinen Leistungen oder als Mensch?
Kira Köhler: Wenn Sie die Noten verraten wollen, dann gerne die Noten, aber auch gerne, wie Sie Ihrem Gefühl nach in der Schule so ankamen.
Sanam Afrashteh: Ich fange mal mit den Schulnoten an. Ich bin bis zur Mittelstufe relativ gut, mit guten oder sehr guten Noten, durchgekommen und habe auch immer gedacht, das geht ja eigentlich alles. Sport war immer nicht so toll, Sport war immer eine 3, bis wir endlich in der 12 Jazztanz wählen durften und dann habe ich endlich mal eine gute Sportnote bekommen. Mathe wurde dann schwieriger und in Physik und Chemie hatte ich eine Zeitlang immer eine 4 und als das Punktesystem in der Oberstufe kam, habe ich echt gekämpft, um auf die 5 Punkte zu kommen. Physik und Chemie waren immer die Fächer waren, die mich wirklich manchmal ein bisschen in die Bredouille gebracht haben, so dass ich dachte: ‚Oh Gott, ich muss irgendwie kämpfen, dass die mein Zeugnis nicht total nach unten ziehen‘. Aber beim Abi konnte ich dann alles abwählen, worin ich nicht so gut war, und mit Englisch LK und Französisch LK hab ich’s dann doch irgendwie auf ein ganz gutes Abi geschafft und am Ende war ich happy mit meinem Abi-Durchschnitt.
Und wie ich so als Mensch durchgekommen bin? Das kennt ja wahrscheinlich jeder, wie das so ist. Ich weiß gar nicht, wie alt du bist – du bist in der 8. Klasse, oder?
Kira Köhler: Ja, ich bin 14.
Sanam Afrashteh: Naja, dann bist du ja mittendrin – dann weißt du ja, wie das ist. Die Schulzeit ist eine wahnsinnige Achterbahn-Fahrt. Im Menschwerden, denn man kommt von der Grundschule auf dieses Gymnasium, ist irgendwie ganz klein und dann entwickelt man sich in diesen Schuljahren immer mehr, dann wird man ein Teenager und beginnt zu merken, wie das so ist in der Welt, und sich erste Meinungen zu bilden und erste tiefe Freundschaften zu haben. Dann gehen aber auch, und das bleibt ja niemandem so richtig erspart, so Cliquen-Bildungen los und ein bisschen Mobbing und ich habe, glaube ich, so von allem ein bisschen etwas miterlebt und ich habe auch ganz schön zu kämpfen gehabt damit, aber ich glaube, das hat jeder. Ich denke, das gehört zu diesem Prozess der Pubertät und des Erwachsenwerdens, dass du für dich herausfindest, wer du eigentlich bist und wer du sein willst und wer die Menschen um dich herum sind, wer deine Freunde sind und wer nicht dein Freund ist. Das waren turbulente Jahre, wirklich turbulent, mit ganz vielen tollen Sachen, die ich erlebt habe, aber ich erinnere mich auch an wirklich schwierige Zeiten, wo ich mich einsam gefühlt habe, ausgeschlossen, unsicher. Und ich glaube, das macht jeder durch und um vielleicht ein bisschen Mut zu machen: am Ende wird es meistens alles gut.
Kira Köhler: Jetzt hatten Sie viel über Physik, Chemie und Sport gesprochen, aber was war denn Ihr Lieblingsfach?
Sanam Afrashteh: Mein Lieblingsfach war immer Englisch und manchmal auch Kunst. Da war ich jetzt nicht so supergut, ich war jetzt keine Einser-Schülerin in Kunst, aber ich mochte Kunst irgendwie und ich mochte da immer die Auseinandersetzung mit den Themen und der Arbeit von Künstlern und selbst kreativ zu sein. Das mochte ich voll, aber noch lieber mochte ich eigentlich immer Englisch. Und Deutsch und Französisch waren auch ok. Ich bin immer schon sehr sprachenorientiert gewesen, und da mir es nicht so schwerfiel, Sprachen zu lernen, mochte ich diese Fächer und konnte dort natürlich auch relativ faul sein, weil ich nicht so viel lernen musste.
Kira Köhler: Hat Sie die Schule für Ihre weitere Laufbahn geprägt?
Sanam Afrashteh: Ja, ich glaube, die Schule hat mich tatsächlich deshalb sehr geprägt, weil ich dort mit 16 in diese Theater-AG gegangen bin. Ich erinnere mich daran, das war Anfang des Schuljahres und es wurden die neuen AGs ausgehangen – das ist heute sicher alles anders, vermutlich online – aber früher hing dann immer so ein Zettel aus, wo man eintragen musste, in welche AG man gehen möchte. Ich erinnere mich, dass jemand sagte, es gibt diese Theater-AG von Herrn Tichy und das Komische war: Ich hatte nie überlegt, Schauspielerin zu werden, und in dem Moment, wo jemand gesagt hat, es gibt eine Theater-AG, dachte ich: ‚Super, ich will ja auch Schauspielerin werden.‘ Aber wo dieser Wunsch plötzlich herkam, weiß ich ehrlich gesagt gar nicht. Auf einmal dachte ich: ‚Ja, das will ich ja machen!‘ Und dann bin ich in diese Theater-AG gegangen, wir haben ein Stück von Bertolt Brecht aufgeführt, „Furcht und Elend des Dritten Reiches“ hieß das, und das war mein erstes Theaterstück. Und dort war dann diese eine Probe, für den Monolog, den ich gespielt habe – ich glaube, die Rolle hieß „Die jüdische Frau“. Es ist zwar schon über 30 Jahre her – aber ich weiß noch, dass mitten in der Probe Herr Tichy zu mir plötzlich sagte: „Also, wenn du keine Schauspielerin wirst, dann weiß ich’s auch nicht.“ Das habe ich wirklich nie vergessen, weil mir das total viel Mut gemacht hat, danach diese Herausforderungen anzugehen, die der Beruf natürlich mit sich bringt. Vor allem vor dem Beruf muss man ja erstmal auf eine Schauspiel-Schule kommen, das war nicht so leicht für mich, ich bin oft abgelehnt worden, und dieser Satz von Herrn Tichy, der hat mich wirklich begleitet und deshalb würde ich natürlich sagen, dass die MLS durch die Theater-AG ganz viel mit meiner weiteren beruflichen Entwicklung zu tun hatte.
Kira Köhler: Jetzt eine Frage zum Schauspielern: Was war die beste Serie, bei der Sie mitgespielt haben? Was hat Ihnen am besten gefallen?
Sanam Afrashteh: Ich hatte ja das Glück, dass ich ganz verschiedene Sachen spielen durfte, und es fällt mir oft schwer, zu sagen, was das Schönste war oder ist. Also ich könnte sagen, dass „Löwenzahn“ mit der Rolle von Yasemin ein totales Herzstück für mich ist, denn das war überhaupt meine erste Rolle im Fernsehen und dann gleich in der Serie, mit der ich ja selbst als Kind groß geworden war. Das heißt, ich kannte Löwenzahn mit Peter Lustig und war total gerührt und aufgeregt und alles, als ich da zum Casting eingeladen wurde. Und als ich dann nach einigem Hin und Her – es lief nicht so glatt – genommen wurde, war das für mich auf vielen Ebenen einfach ein Riesengeschenk, und deshalb liegt mir Yasemin sehr am Herzen. Ich mag aber auch diesen Kinofilm, bei dem ich 2010 mitmachen durfte, „Kaddisch für einen Freund“ heißt der, und es ist ein bisschen so ein modernes Märchen, das in Berlin spielt und, wie ich finde, sehr aktuell ist für unsere Zeit heute. Obwohl die Dreharbeiten schon 14 Jahre her sind, ist die Geschichte zeitlos und es geht eigentlich um die Überwindung von Differenzen und Gräben, die sich zwischen Menschen auftun können. Und es geht eigentlich um eine ganz besondere Freundschaft zwischen einem palästinensischen Jungen und einem älteren, jüdischen Russen. Und die Freundschaft, die zwischen den beiden entsteht, die ist sehr schön erzählt. Ich durfte dabei Mouna spielen, die Mutter des palästinensischen Jungen. Das war auch eine wunderschöne Rolle. Und dann spiele ich natürlich jetzt bei den „Jungen Ärzten“ die Leyla Sherbaz und da ich die wiederum nun schon 10 Jahre spiele, mag ich die natürlich auch. Es ist schwer für mich, mich festzulegen, aber die drei sind so ein bisschen meine Herz-Rollen.
Kira Köhler: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben.
Sanam Afrashteh: Sehr gerne.