Graue Zeiten

Zur Erinnerung an die Reichspogromnacht vom 9.11.1938, in der auch die Marburger Synagoge von den Nazis zerstört wurde. Hilde Domin und ihr Mann waren Deutsche jüdischer Herkunft und gingen während der Nazi-Diktatur ins Exil, um der Verfolgung zu entkommen. Italien mussten sie wegen der dort ebenfalls einsetzenden Verfolgung 1939 verlassen. Zuerst flohen sie nach Großbritannien, dann in die Dominikanische Republik. In den 1960er Jahren kehrte Hilde Domin nach Deutschland zurück.

Graue Zeiten
von Hilde Domin
Es muss aufgehoben werden
als komme es aus grauen Zeiten
Menschen wie wir wir unter ihnen
fuhren auf Schiffen hin und her
und konnten nirgends landen
Menschen wie wir wir unter ihnen
durften nicht bleiben
und konnten nicht gehen
Menschen wie wir wir unter ihnen
grüßten unsere Freunde nicht
und wurden nicht gegrüßt
Menschen wie wir wir unter ihnen
standen an fremden Küsten
um Verzeihung bittend, dass es uns gab

Quelle: Domin, Hilde: „Abel steh auf. Gedichte, Prosa, Theorie.“ Reclam: Stuttgart 1990.

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